Statt Facebook Hannah Arendt lesen
Umgang mit Falschmeldungen: Facebook äußert sich
Die Deutschland-Abteilung des sozialen Netzwerkes Facebook hat sich am Sonntag mit einem Newsroom-Beitrag in die anhaltende Debatte um Falschmeldungen in hiesigen sozialen Netzen eingeklinkt und angekündigt, dass man in den kommenden Wochen mehrere Updates einführen werde, um die „Herausforderung von Fake News auf Facebook anzugehen“.
Das Zuckerberg-Netz will es seinen Nutzern ermöglichen erkannte Falschmeldungen einfacher zu melden und wird fragwürdige Texte nach einer Kontrolle durch „externen Faktenprüfern“ zukünftig mit Warnhinweisen schmücken, die darauf aufmerksam machen, dass die Glaubwürdigkeit des fraglichen Textes in Frage zu stellen ist.
Facebook erklärt:
Der externe Faktenprüfer, mit dem wir in Deutschland zusammenarbeiten, ist Correctiv. Wir arbeiten daran und sind zuversichtlich, in Zukunft noch weitere Organisationen aus der Medienbranche als Partner gewinnen zu können. Wir werden Berichte von Facebook-Nutzern verwenden und nach weiteren Merkmalen Ausschau halten, die typisch für Falschmeldungen sind, um basierend darauf Beiträge an die Organisationen weiterzuleiten. Wenn die Faktenprüfungsorganisationen Beiträge als gefälscht identifizieren, werden diese mit einem Warnhinweis versehen, der sie als unglaubwürdig einstuft.
Statt Facebook: Hannah Arendt lesen
In Zeiten, in denen sich Amerika für Donald Trump entschieden hat, sich ein nicht zu vernachlässigender Anteil der deutschen Bevölkerung auf Facebook „informiert“ – das soziale Netz inzwischen sogar immer häufiger als Zeitungsersatz nutzt – und populistische Parteien quer durch Europa erstarken, kommen wir in diesem Eintrag nicht an einem Hinweis auf Hannah Arendts Hauptwerk „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ vorbei:
[…] Das Beisammensein von Leichtgläubigkeit und Zynismus war charakteristisch für die Mobmentalität, bevor es eine alltägliche Erscheinung moderner Massen wurde. In beiden Fällen entstand diese Mischung dort, wo Menschen in einer ständig wechselnden und immer unverständlicher werdenden Welt sich darauf eingerichtet hatten, jederzeit jegliches und gar nichts zu glauben, überzeugt, daß schlechterdings alles möglich sei und nichts wahr.
Das Beisammensein von Leichtgläubigkeit und Zynismus war an sich merkwürdig genug, denn es bedeutete das Ende jener Illusion, derzufolge Leichtgläubigkeit das Zeichen primitiver »ungebildeter« Menschen, während Zynismus das Laster souveräner und raffinierter Geister ist.
Diesem Vorurteil macht die Massenpropaganda insofern ein Ende, als sie mit außerordentlichem Erfolg ein Publikum voraussetzt, das jederzeit bereit ist, leichtgläubig alles hinzunehmen, und sei es noch so unwahrscheinlich, und es doch nicht im mindesten verübelt, wenn der Betrug sich herausstellt, weil es offenbar jede Aussage ohnehin für eine Lüge hält.
Totalitäre Führer haben ihre gesamte Propaganda auf die psychologisch richtige Annahme gegründet, daß dieselben Menschen heute dazu gebracht werden können, die unglaublichsten Märchen zu akzeptieren, und morgen, wenn sie sich von der Unrichtigkeit der Märchen überzeugt haben sollten, dazu gebracht werden können, zynisch zu behaupten, sie hätten die Lügen von vornherein durchschaut und seien stolz darauf, Führer zu haben, die so souverän andere Leute an der Nase herumzuführen verstünden. […]
Ein Buch, das ihr mal wieder aus dem Wohnzimmerschrank nehmen und euch zu Gemüte führen könnt.