Telekom zur Netzneutralität: „Wir brauchen Spezialdienste“
Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Telekom AG, kommentiert die umstrittene EU-Verordnung zur Netzneutralität im offiziellen Blog des Netzbetreibers und lädt zum Kopfschütteln ein.
Telekom Chef Timotheus Höttges
Vor allem die Argumentation für den Ausbau der sogenannten Spezialdienste, mit denen Höttges die erfolgreiche Lobby-Arbeit der Telekommunikationsanbieter nicht nur zu rechtfertigen versucht, sondern zudem auch impliziert, dass die (enttäuschend laschen) Eingriffe der regulierenden Behörden Nachteile für die Endverbraucher mit sich brächten, ist gelinde gesagt lachhaft:
Warum braucht es diese Spezialdienste im Netz? Das Internet ist vielfältig und bringt Dienste hervor, an die bis vor kurzem noch niemand gedacht hat. Das fängt bei Videokonferenzen und Online-Gaming an und geht über Telemedizin, die automatisierte Verkehrssteuerung und selbststeuernde Autos bis zu vernetzten Produktionsprozessen der Industrie. Gemeinsam haben diese Dienste, dass sie andere, teilweise höhere Qualitätsanforderungen haben als das einfache Surfen oder die E-Mail, die auch ein paar Millisekunden später ankommen kann. Eine Videokonferenz sollte beispielsweise auch zu Stoßzeiten im Netz nicht ins Stocken geraten. Deshalb muss die Möglichkeit bestehen, dass die Daten empfindlicher Dienste im Stau Vorfahrt bekommen.
Anstatt die eigene Infrastruktur mit Hochdruck auszubauen, reiben sich die Telcos momentan die Hände. Für Drossel-Kampagnen wie die euphemistische betitelte „Fair Flat“ der Telefonica Tochter o2 und die Anfang 2014 noch am Verbraucher-Widerstand gescheiterte Telekom-Drossel, gibt es jetzt eine rechtliche Grundlage.
Dass diese für die sprichwörtlichen Dollarzeichen in den Augen der verantwortlichen Manager sorgt, unterstreichen Absätze wie der folgende mehr als deutlich:
Schon heute ist die Qualitätsdifferenzierung im Netz längst gelernte Praxis. Nutzer können selbst entscheiden, wie viel Service sie wollen, und was ihnen dieser Service wert ist: So kostet beispielsweise mehr Speicherplatz für Mails extra, genauso wie erweiterte Suchfunktionen bei Xing und LinkedIn oder Videos in HD statt SD. In Zukunft wird es eben auch die Möglichkeit geben, einen Dienst für ein paar Euro mehr in gesicherter Qualität zu buchen. Qualitätsdifferenzierung ist keineswegs eine Revolution im Netz, sondern die natürliche Weiterentwicklung.