PIN trotz Fingerabdruck: Gericht zwingt zu Touch-ID-Entsperrung
Im September 2013 stand Apples damals neu eingeführter Fingerabdruck-Scanner Touch ID unter medialem Beschuss. Nicht nur der erfolgreiche Angriff des Chaos Computer Clubs auf die Biometrie-Sperre Cupertinos katapultierten den Fingerkuppen-Scanner in die Schlagzeilen, auch ganz pragmatische Fragen hiesiger Anwälte, sorgten für einen produktiven Diskurs.
Rechtsanwalt Udo Vetter etwa, blickt damals sorgenvoll auf die durch Apples Touch ID mögliche Umkehr der Beweislast in Strafprozessen:
[…] Wer die Fingerabdruck-Sperre nutzt, akzeptiert gleichzeitig eine faktische Umkehr der Beweislast, wenn sein Mobiltelefon für ein krummes Ding genutzt worden sein soll. Ein biometrisches Datum hat bei der Frage, wer das Handy genutzt hat, natürlich erst mal einen wesentlich höheren Stellenwert als ein Vierzahlen-Code. Die Folge: Der mögliche Rechtfertigungsdruck auf den Telefonbesitzer steigt.
Und auch die Frage, ob die strafverfolgenden Behörden mutmaßliche Straftäter zur Auflage des eigenes Fingers „zwingen“ könnten, wurde damals hitzig debattiert. Diskussionsansätze, an die uns ein aktueller, norwegischen Gerichtsbeschluss erinnert.
So berichtet die Online-Ausgabe der norwegischen Bergenavisen über den Fall eines 27-Jährigen, der Ende Januar mit 520 Gramm Kokain im Auto festgenommen wurde. Gegenüber der Polizei verweigerte der Mann bislang den Zugriff auf sein iPhone und konnte sich auf die biometrische Sperre seines Gerätes verlassen. Eine Strategie, die das Amtsgericht Nordhordland jetzt als ungültig erklärte und den vernehmenden Polizisten gestattete, den Finger des Angeklagten zur Entsperrung des betroffenen Gerätes unter Zwang „aufzulegen“.
Apples PIN-Abfrage nach 48 Stunden
Eine Entscheidung, die an ähnliche Fälle aus den USA erinnert, sich im spezifischen Fall jedoch als wenig effektiv erweisen dürfte. So fragt das iPhone grundsätzlich die (meist) vierstellige PIN seines Besitzers ab, wenn Touch ID länger als 48 Stunden nicht mehr genutzt wurde.
Anwender, die sich bislang über die zusätzliche Rückfrage gewundert haben, dürfen sich jetzt über ein anschauliches Praxis-Beispiel freuen, das den Sinn der zusätzlichen Zugriffshürde unter Beweis stellt.