Die Apple Watch formt Apples neue Zielgruppe
Die Anzeichen sind zahlreich: Apples Auftritte auf Modeveranstaltungen. Die neue, wesentlich breiter gefächerte Auswahl der geladenen Medienvertreter. Die von Cupertino platzierten, redaktionellen Berücksichtigungen in zahlreichen Fashion-Magazinen. Und: Das initial eher verhaltene Apple Watch-Feedback der sonst euphorischen Tech-Presse.
Mit der Apple Watch führt Apple nicht nur eine neue Produktkategorie ein, der ehemalige Computer-Konzern – erst 2007 verzichtete Steve Jobs auf den Beisatz „Computer“ im Firmennamen – tastet sich auch an eine neuen Zielgruppe heran.
Eine Wandlung, die sich unter anderem in den sozialen Netzen niederschlägt. Ein Beispiel von vielen: Das enttäuschende Twitter-Echo auf die schlaue Armbanduhr.
Die Analytiker von Likefolio haben das Twitter-Feedback auf das Apple Watch Event am Montag mit der Vorstellung des iPhone 6 vergleichen. Das Ergebnis: In den 24 Stunden nach dem Event wurden nur 452.000 Nennungen der Apple Watch verzeichnet, das iPhone 6 kam bei seiner Vorstellung im September auf 1.583.400 Nennungen.
Ebenfalls symptomatisch: Die eher verhaltenen Stimmen aus dem Technik-Lager. CNETs Scott Stein etwa kritisiert die Navigation im Interface der Apple Watch und ist damit nicht allein.
Es ist stellenweise schwierig zu verstehen ob nun die Krone geklickt, der Knopf gedrückt oder auf dem Display gewischt oder getappt werden muss.
Wireds Christina Bonnington zweifelt an der permanenten iPhone-Kopplung:
Ich bin vorsichtig optimistisch was den Einsatz der Apple Watch-Testexemplare angeht. Bislang sieht es zwar so aus, als würde Apples Uhr die typischen Smartwatch-Aufgaben einfacher und schöner als andere absolvieren. Doch der Zwang zum täglichen Laden […] ist ein Reinfall. Zudem frage ich mich, wie lange die Dritt-Apps brauchen werden um sich über Bluetooth oder WIFI zu aktualisieren.
So richtig begeistert scheint diesmal nur Apples neue Zielgruppe zu sein. Fashion- und Lifestyle-Junkies, deren prototypische Ausführung sich im Buzzfeed-Video zum Apple Watch Event begutachten lässt. Setzt euch besser hin.
Die Generation Apple Watch:
Der Guardian hat Martin McNulty zum Thema zu Wort kommen lassen. Der PR-Mann aus dem Lager der Uhren-Industrie verfolgt mit seinem Artikel „Goodbye Apple fanboy: how the watchmaker alienated its audience“ zwar eine offensichtliche Agenda, bringt das Gefühl, das sich auch in Teilen der hiesigen Apple-Community manifestiert, aber mit drei brutal treffenden Sätzen auf den Punkt:
Die zahlreichen iPads, iPhones und Macs, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden, haben einen Massenmarkt gefesselt und waren für viele Kunden eine essentielle Ergänzung zu Arbeitsplatz und Privatleben.
Zugeschnitten auf eine kleine Zielgruppe von Nutzern, die vor allem demonstrativ konsumieren, hat die Apple Watch den Fokus Cupertinos aus dem Kernbereich verschoben, in dem Apple stets unübertroffen war: der Erstellung von vorn bis hinten durchgeplanter, wunderschön gestalteter, funktionaler Produkte. Stattdessen schraubt Cupertino am Hype um ein Zusatz-Gadget für Mobiltelefone – einem engen Verwandten des viel geschmähten Bluetooth-Headset.