Carrier IQ: Werks-Software auf Android, BlackBerry und Nokia sammelt fast alle Nutzer-Eingaben
Zugegeben, auf den ersten Blick ist das unten eingebettete Youtube-Video wenig spektakulär. Die Implikationen des knapp 20 Minuten langen Clips haben es jedoch in sich. Aufgenommen von Trevor Eckhart, einem Security-Experten der sich vor allem auf Googles Android-Betriebssystem spezialisiert hat, beschäftigt sich die kurze Analyse mit „Carrier IQ“.
Das Kürzel „Carrier IQ“ bezeichnet sowohl diese, in Kalifornien ansässige Firma, als auch ihr Produkt. Eine Daten-Sammel-Software die zumindest in den USA auf fast allen Android, BlackBerry und Nokia-Telefonen vorinstalliert ist und den Netzbetreibern bei der Suche von Funkmast-Ausfällen und Co. helfen soll.
Das Problem: Laut Eckhart beschränkt sich die nicht deaktivierbare Smartphone-Anwendung nicht nur auf die kontinuierliche Übermittlung von UMTS-Netz spezifischen Informationen, sondern sammelt alle irgendwie verfügbaren Nutzer-Eingaben ein. Rufnummern, SMS-Texte, Suchanfragen und sogar die Eingaben bei SSL-verschlüsselten Online-Sessions (während der Wi-Fi Nutzung!).
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Bereits vor gut einer Woche sprach Eckhart das erste mal über den Carrier IQ-verursachten Eingriff in die Privatsphäre der betroffenen Smartphone-Nutzer. Stunden später standen die ersten Carrier IQ-Anwälte bereits vor der Tür. Sollte Eckhart den Vorwurf, die Werks-Software würde in Arbeitsweise und Funktionsumfang einem Rootkit gleichen, nicht zurückziehen, wäre eine gerichtliche Auseinandersetzung unabwendbar.
Von den Drohgebärden hat sich Carrier IQ inzwischen verabschiedet, die amerikanische Bürgerrechtsorganisation EFF hat Eckhart rechtliche Unterstützung zur Seite gestellt.
Jetzt müssen die folgenden Fragen geklärt werden: Ist die Verarbeitung der so gesammelten Daten strafbar? Wieso können betroffene Nutzer den Dienst nicht deaktivieren bzw. ganz vom Gerät entfernen? Wozu sichert Carrier IQ auch verschlüsselten Internet-Verkehr? Und: Warum greift das Netzbetreiber-Werkzeug auch all jene Daten ab die über das private Heimnetzwerk des Nutzers verschickt werden?
Spannend. Wir versuchen euch weiterhin auf dem Laufenden zu halten. Da Apples Geräte – soweit bislang bekannt – von dem Privacy-Debakel nicht betroffen sind, dürfte sich die Berichterstattung in den deutschen Medien auf ein Minimum beschränken.